Einen Strafzettel für seine Boxautos, das hat Thomas Kritz auch noch nicht erlebt. Normalerweise geht man ja selbst bei Unfällen straffrei aus. Doch der Transport aus Belgien war mitten in der Nacht unterwegs, ein ungewöhnlicher Aufleger, rotes Kennzeichen. Das schien verdächtig. Die Polizei staunte nicht schlecht, wen sie da angehalten hatte. Einen kompletten Autoscooter, praktisch zusammengefaltet, auf dem Weg nach Stuttgart. Das Kennzeichen war das falsche, erfuhr Kritz, doch ein anderes hatte er nicht – und die Zeit drängte. Zwei Tage später begann das Volksfest. Also musste mit er seinem nagelneuen Geschäft dringend nach Stuttgart. Die Polizei kassierte 50 Euro und ließ ihn fahren. 48 Stunden später feierte sein Auto Scooter 2000 Premiere. Familienbetrieb Boxauto Autodrom nennen es die Österreicher, Putschauto die Schweizer, hierzulande sagt man Boxautos, und im Rest von Deutschland Auto Scooter. Egal, wie man es nennt, die selbstfahrenden Autos bestimmen das Leben der Familie Kritz. Papa Karl und Mutter Margarete kauften vor fast 70 Jahren einen Autoscooter. Damals kostete eine Fahrt im Boxauto pro Kopf 25 Pfennig. Wer das Geld nicht hatte, zahlte mit Zigaretten, Schokolade oder, wie in Donzdorf, mit Fingerhüten – in der schwäbischen Kleinstadt gab es eine große Fingerhut-Fabrik. Ab nach Arabien 1985 schafften Sohn Thomas und dessen Ehefrau Claudia ein Kinderkarussell an, 2002 übernahm Thomas das Geschäft. „Einmal Auto Scooter, immer Auto Scooter“, sagt Thomas Kritz und grinst, „ich kann nichts anderes.“ Weil er sich mit seinen 63 Jahren noch nicht aufs Altenteil zurückziehen will, haben er und Claudia noch mal investiert. Anders als viele andere Kollegen. Schon seit Jahren sind Gebrauchtkarussellhändler überall unterwegs, suchen vor allem große Fahrgeschäfte wie Achterbahnen und Freifalltürme, um sie in die Golfstaaten zu verkaufen. In den Arabischen Emiraten, Katar und Saudi-Arabien sollen Freizeitparks die Touristen amüsieren, und die Unterhändler grasen die Festplätze Europas ab auf der Suche nach Attraktionen. Während der Pandemie hat so mancher Schausteller aufBoxauto oder AutoScooter SchöneKarambolage Viele Schausteller verkaufen ihre Geschäfte an Vergnügungsparks in aller Welt. Thomas und Claudia Kritz haben statt dessen investiert – in einen neuen Auto-Scooter. 34 ❤ Cannstatter Volksfestzeitung 2023
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