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C

harly Schultz zählt zu

einer aussterbenden

Gattung. Der Mann mit

der markanten Reibeisen-

stimme lockt Wasenbesucher

in sein Etablissement. Da-

rin steht ein Boxring, in dem

2000 Euro warten. Wenn der

Kunde alle seine fünf Boxer

ausknockt. „Das ist einmal

passiert“, erinnert sich der

Ex-Boxer, „1986 in Schwein-

furt. Da hat ein Military-Boxer

meine Truppe umgehauen.“

Der markante Schausteller

ist selbst nie k.o. gegangen.

Highlight war dabei ein Auf-

tritt im Rahmenprogramm

eines Kampfes von Muham-

mad Ali. Ein komplizier-

ter Mittelhandbruch been-

dete seine Laufbahn, Schultz

kehrte zur Schaustellerei zu-

rück, ist mit seiner Boxbude,

die mittlerweile „Fight Club“

heißt, unterwegs.

Kirmesboxen wird es auch

despektierlich genannt. Mut

und die Bereitschaft, sich

auch zu blamieren, gehören

dazu, will man sich vor bis zu

400 Zuschauern mit Amateur-

boxern messen. Es wartet eine

gestaffelte Prämie, die von 50

bis 2000 Euro reicht. „Wir sind

nicht unbesiegbar“, betont

Schultz. Und es gehe immer

mit rechten Dingen zu. Ge­

faked sei nichts, Show gehöre

aber dazu. Neben Boxen bietet

er auch Catchen an. Am ersten

Volksfest-Wochenende waren

Catcher auch auf dem Wasen

im Einsatz. „Das kam bei den

Leuten gut an.“ Doch die Rin-

ger hätten einen Wettkampf,

könnten wohl erst zum letz-

ten Volksfest-Wochenende

wieder antreten.

Boxen auf den Festplätzen hat

lange Tradition, gehört auf die

Rummelplätze, wie die Schau

der Illusionen mit der Dame

ohne Unterleib, die Schiffs-

schaukel, das Steilwandfah-

ren, der Flohzirkus, das Teu-

felsrad oder das Wahrsagen.

Doch diese nostalgischen An-

gebote sind auf den Festplät-

zen kaum mehr anzutreffen.

Außer Charly Schultz gibt es

bundesweit noch einen wei-

teren Anbieter. Die Schau der

Illusionen steht nur noch ein-

mal im Jahr auf der Münchner

Wiesn. „Es ist sehr schwer, da-

mit Geld zu verdienen“, sagt

der 57-jährige Saarländer, der

dies seit 30 Jahren versucht,

wie seine Eltern vor ihm. Zehn

Jahre lang will er noch mit

dem „Fight Club“ in Deutsch-

land unterwegs sein, mit sei-

ner markanten Stimme das

Publikum anlocken und ei-

nige davon bewegen, in den

Ring zu steigen.

Edgar Rehberger

Bei Charly Schultz geht der Daumen nach oben. Unternehmen

wie sein „Fight Club“ zählen zu den nostalgischen Angeboten

auf den Festplätzen, die aber nach und nach verschwinden.

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ussterbende

Zunft

Kirmesboxen, Flohzirkus, Schau der Illusionen, Schiffsschaukel oder Teufelsrad sind kaum mehr anzutreffen

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Cannstatter Volksfestzeitung 2016