Background Image
Previous Page  8 / 71 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8 / 71 Next Page
Page Background

D

er unvorstellbar ge-

waltige Ausbruch des

Vulkans Tambora in

Indonesien 1815 führte zu

einer klimatischen Katastro-

phe in Europa. Durch die Ex-

plosion wurden rund 100 Ku-

bikkilometer Gestein, Asche

und Staub bis in 70 Kilometer

Höhe geschleudert und ver-

dunkelten den Himmel. Die

Sprengkraft entsprach etwa

170 000 Hiroshimabomben.

Die Druckwellen waren in

1500 Kilometern Entfernung

noch wahrnehmbar. Zehn-

tausend Menschen starben

direkt durch den Ausbruch,

rund hunderttausend durch

die Folgen. Denn die Staub-

teilchen wurden durch Luft-

strömungen um die ganze

Erde verteilt und verursach-

ten sogar noch in Europa

Missernten und Hungersnöte.

Der Winter 1815/16 war in

Württemberg der kälteste,

seit es Wetteraufzeichnun-

gen gibt. Der folgende Som-

mer fiel aus. Die Kartoffeln

verfaulten in den Äckern.

Schnee bis in den Mai und

lang anhaltende Regenfälle,

peitschende Gewitter und

Hagel in den Wachstum-

sperioden wechselten ein-

ander ab und machten das

Einbringen von Ernten in

den Jahren 1815 und 1816

nahezu unmöglich. Im

ganzen Land hungerten

die Menschen. Das we-

nige Mehl, das noch vor-

handen war, wurde mit

Sägemehl gestreckt, zur

Aussaat gesteckte Kar-

toffeln wurden wieder

ausgegraben. Die Not

der Bevölkerung war unbe-

schreiblich. Schlechter konnte

die Ausgangslage des jungen

Königs Wilhelm I., der im Ok-

tober 1816 Württembergs Re-

gent wurde, nicht sein.

In Zeiten politischer Wirren,

wirtschaftlicher Schwäche

und großer Not in der Bevöl-

kerung nach dem Ausbruch

des Vulkans Tambora und den

schlimmen Folgen des „Jahres

ohne Sommer 1816“ legten

der württembergische König

Wilhelm I. und seine russi-

sche Frau Katharina mit der

Gründung der „Centralstelle

des landwirtschaftlichen Ver-

eins“ 1817 den Grundstein für

das, was man heute als Cann-

statter Volksfest kennt. Ein

landwirtschaftliches Fest mit

Pferderennen und Preisver-

leihungen für herausragende

Leistungen in der Viehzucht

zusammen mit einem allge-

meinen Volksfest sollte auf

Wunsch des Königs die nach

den napoleonischen Kriegen

schwer geschädigte württem-

bergische Wirtschaft wieder

auf Vordermann bringen.

Das erste Cannstatter

Volksfest

Im darauf folgenden Jahr, am

28. September 1818, einen Tag

nach des Königs 36. Geburts-

tag, war es dann so weit: Das

Cannstatter Volksfest fand,

von heute aus gesehen vor

198 Jahren, erstmals statt. Und

seit damals ist der Cannstatter

Wasen auch der Austragungs-

ort für die große Festlichkeit.

Dieser war damals eine idylli-

Die

Geschichte

des

Cannstatter Volksfestes

8

Cannstatter Volksfestzeitung 2016