Was die Küche in zwölf Stun-
den umschlägt ist enorm. Pro
Tag gehen unter anderem
fünf ganze Schweinebraten,
40 Kilogramm Sauerkraut von
den Fildern und rund 200 Por-
tionen Käsespätzle über den
Tresen. Dazu schält die Mann-
schaft gemeinschaftlich Tag
für Tag bis zu 70 Kilogramm
Kartoffeln für den selbst
gemachten Kartoffelsalat.
Events sind da noch nicht mit
eingerechnet. Für den Abend
hat sich eine Gesellschaft mit
200 Personen angemeldet
und ein Menü gebucht. Die
Vorbereitungen laufen be-
reits seit dem Morgen parallel
zum Tagesgeschäft mit den
à-la-carte-Bestellungen. „Hier
wechseln sich stressige und
ruhigere Zeiten ab“, erklärt
Bäßler und hat immer noch
beste Laune. Es sei ein anderer
Stress als der im Restaurant,
ergänzt er und widmet sich
fast entspannt dem Roastbeef,
das er in hauchdünne Schei-
ben portioniert.
Schmankerln von renno-
mierten Köchen
Während sich Bäßler um 200
Portionen Vorspeise kümmert,
geht es auf einen kurzen Be-
such zu René Tepper, dem
Küchenchef bei Michael Wil-
helmer in Wilhelmers Schwa-
benWelt. Er blickt auf eine Ko-
operation mit dem Sternekoch
Rolf Straubinger und dem
jüngsten Sternekoch Stutt-
garts, Nico Burkhardt. Beide
Ausnahmeköche haben je eine
Patenschaft über ein Gericht
aus der Speisekarte übernom-
men. Rene Tepper koordiniert
in seiner Wasenküche bis zu
25 Köche und weiß am späten
Abend auch, was er geschafft
hat. Er verrät: „Bis zu 1000 Por-
tionen Ofenschlupfer am Tag
sind für uns kein Problem.“
Trotz der beliebten Süßspeise
führt sein Weg für ein Foto
in die kalte Küche. Dort ent-
stehen prächtige Platten und
Vesperbrettle mit Schinken
und Wurst, bei deren Anblick
>>
Handyalarm – neben dem Kochen muss
sich Andreas Bäßler noch mit Lieferanten
abstimmen.
>>
Auch in Grandls Hofrbäu-Zelt schaut der Küchenchef Uli Hetzer nach
dem Rechten. Alles wird frisch gekocht. Fertiggerichte sind verpönt.
einem das Wasser im Munde
zusammenläuft. Küchenchef
Tepper ist sichtlich stolz und
eilt zurück an die Töpfe. Ab-
wechslung auf dem Teller ist
auch im „Grandl“ bei Festwirt
Hans-Peter Grandl angesagt.
Neben dem Federvieh dreht
sich täglich ein Ochse am
Spieß, dazu setzt die Küchen-
mannschaft auf regionale
Zutaten. Das Fleisch stammt
aus nachhaltiger Produktion
der Betriebe der Bäuerlichen
Erzeugergemeinschaft Schwä-
bisch Hall. Mit dabei ist auch
das Schwäbisch-Hällische
Landschwein, das man noch
munter umher springend
beim großen Volksfestumzug
bewundern kann. Zufällig
führt der Umzugsweg ganz
nah am Grandl-Zelt vorbei. Ob
die Schweine wissen, dass sie
hier früher oder später gegart
und portioniert auf dem Tel-
ler landen?
Wer auf Tiroler Hausspezia-
litäten wie Germknödel oder
Meraner Kräuterbratwurst
steht, sollte einen Halt im
Almhüttendorf bei Nina Re-
noldi machen. Weinkenner
schätzen dagegen die boden-
ständige Küche im Weinzelt
Zaiß, dem „Cannstatter Ober-
amt“. Sehr beliebt ist dazu der
wechselnde Mittagstisch in
allen Zelten. Kurzum, verhun-
gern muss auf demWasen kei-
ner und die Gelegenheit feine
Schmankerl von renommier-
ten Köchen zu bekommen,
steigt von Jahr zu Jahr und
von Zelt zu Zelt. Es lohnt sich
durchaus, einen Blick in die
Speisekarten der Zelte zu wer-
fen und, wer den argen Trubel
am Abend meiden möchte,
seine Mittagspause oder das
Mittagessen auf den Wasen zu
verlegen.
Zwischenzeitlich ist es Mit-
tagszeit im Wasenzelt. Die
Kellner tragen dampfende,
verlockend angerichtete Tel-
ler und knackige Salate an
die Tische. Die Gäste sind zu-
frieden. Es schmeckt. Andreas
Bäßler ist sich mit dem Kolle-
gen Tepper einig, „die gegen-
seitige Motivation im Team,
das Vertrauen und das posi-
tive Feedback der Wirte und
Gäste spornen uns zu Höchst-
leistungen in unseren vorü-
bergehenden Küchenrevieren
an“. Schon ist Bäßler wieder
geschäftig verschwunden. Die
200 Portionen Bauernente für
die Abendveranstaltung wol-
len vorbereitet werden, und
dann sind da noch die laufend
eingehenden Bestellungen
der Gäste und sein nimmer-
müdes Handy.
Sabine Ries
18
❤
Cannstatter Volksfestzeitung 2015