

I
n den Volksfestzelten geht
es hoch her. Eben drum –
„weil ’s ’ne geile Party ist“
– besuchen Zigtausende die
Zelte. Sie vergnügen sich dort
jeden Abend auf den Bänken,
trinken Bier, singen Lieder,
klatschen zum Takt der schal-
lenden Musik und grölen
„Hoi, hoi, hoi“ als Antwort
auf ein „Zi-
cke-Zacke“. Andere hingegen
wie der Ex-Schwabenbräu Wirt
Alexander Laub mahnten
schon 2006, man solle nicht
„nur noch Party machen“. Sie
erinnern an die „gemütliche
Bodenständigkeit“, die es laut
Fürstenberg-Wirt Peter Brandl
zu bewahren gelte.
Eine Mischung aus
Zeitgeist und Tradition
haben sich die Volksfestma-
cher auf ihre Fahnen geschrie-
ben, das soll den Wasen aus-
zeichnen. Doch wie sieht die
Realität aus? Nur noch Party?
Englische Songs werden von
Bands gerockt. Ballermann-
Hits dröhnen im Zelt. Junge
Frauen greifen wie
Männer zur Maß, im
Hofbräu-Zelt vielleicht
auch zum Champagner
im „geeisten Stein-
krug“. Beats, Hektik
und Lärm lösten nicht
nur Blasmusik ab, son-
dern auch das fröhliche
Schunkeln, das schon
an der Jahrtausend-
wende als passé galt.
Ebenso verschwunden
ist der „blaue Montag“,
an dem Handwerker
und
Bauar-
beiter in den
Zelten auf Kosten ihrer Unter-
nehmer einen draufmachten.
Und der „Bieranzug“, mit dem
im Jahr 1999 der Wasen-Orga-
nisator Werner Alt humorvoll
Jeans und T-Shirt bezeichnete,
bleibt im Schrank. Zum Wa-
sen und vor allem in den Fest-
zelten trägt das „Partyvolk“
von heute Dirndl, Lederhosen
und Kariertes.
Jener Trend zur Tracht ist
vergleichsweise neu. Vor 20
Jahren waren Trachten auf
dem Wasen eine Sache von
Senioren, Musikvereinen und
Festzelt-Betreibern, die mit-
tels rustikaler Bekleidung
selbst Teil der inszenierten
Zeltkulisse wurden. Doch
dann setzte sich, ähnlich wie
auf dem Oktoberfest, auch
auf dem Cannstatter
Volksfest die Trach-
tenmode als domi-
nante Festkluft durch.
Wasen heute
Party
oder Fest?
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Beat löste vielfach die
Blasmusik in den Zelten ab.
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Cannstatter Volksfestzeitung 2015